Wie hast du das gemacht, Bernadette?

Am 13. Mai 2022 feiert Bernadette ihren 80. Geburtstag. Vor über 50 Jahren begann ihre Zusammenarbeit mit NordSüd mit ihrem ersten Buch Rotkäppchen. Seit damals sind insgesamt rund 100 Bilderbücher von ihr in unserem Verlag erschienen. Viele davon sind seit Jahrzehnten lieferbar und werden – manchmal leicht aktualisiert – immer wieder nachgedruckt. Gelegentlich ist es Bernadette selber, die den Wunsch verspürt eine Geschichte neu zu illustrieren. So etwa bei Hans Müllermann, ihrer ersten eigenen Erzählung, die sie nach 50 Jahren noch einmal illustriert hat. Rund um ihren Geburtstag erscheinen gleich vier Titel in Neuausgaben oder Neuauflagen. Ein willkommener Anlass, Bernadette ein paar Fragen zu ihren Klassikern zu stellen.

Liebe Bernadette, zu deinem 80. Geburtstag ist deine erste Erzählung Hans Müllermann wieder aufgelegt worden. Was hat dich bewogen, die Geschichte aus dem Jahr 1969 komplett neu zu illustriert?

Ich hatte schon oft den Wunsch einige Illustrationen aus dem Buch zu verbessern. Manche Bilder waren mir zu düster und andere zu skizzenhaft. Aber ich fand nie Zeit dafür – wohingegen ich mit dem Text noch immer sehr zufrieden war. Dann kam die Pandemie im März 2020 und ich wurde als »gefährdete Person« klassifiziert. Ich hatte nichts zu tun und ich hasste es, isoliert zu sein. Ich habe jeden Vormittag an neuen Bildern gearbeitet. Am Nachmittag bin ich alleine spazieren gegangen oder habe ein wenig im Garten gearbeitet. Ich glaube, ohne diese Arbeit wäre meine Seele zerbrochen. Nach drei Monaten gab es ein paar Lockerungen. Und da war ich mit den neuen Bildern fertig.

Varenka, aus dem Jahr 1971, ist eines deiner bekanntesten Bücher. Im Untertitel stand bisher: »nach einer russischen Legende«. Aber sowohl die Bilder als auch die Geschichte stammen von dir. Wie kam es zu dieser Legende?

Varenka habe ich kurz nach Hans Müllermann geschrieben. Es ist schon so lange her, aber ich erinnere mich gut, wie gerne ich damals geschrieben habe, alle möglichen Geschichten, Notizbücher, Tagebücher, Reise- und Ferienberichte. Ich habe auch viel gelesen, vor allem Reiseberichte und ich habe viel über Russland und Sibirien gelesen. Die Inspiration zu Varenka kam von der Lektüre über die Russische Revolution von 1917, glaube ich. Ich habe mich gefragt, wie so eine russische Landschaft aussehen könnte. Varenka und Hans Müllermann sind die zwei Bücher zu denen mir heute noch Leserinnen schreiben.

In vielen deiner Bücher sind kleine Hinweise und Zitate versteckt. In Schneeflocke sieht man etwa eine junge Frau, die Rotkäppchen illustriert. Bist du die junge Frau?

Das ist wirklich sehr autobiografisch. Ich lebte eine Zeit lang in Snowdonia, in North Wales, in einem kleinen Cottage, wie man es in dem Buch sieht. Rapunzel und Hänsel und Gretel sind dort entstanden. Der Kamin in Hänsel und Gretel war mein Kamin. Ich habe oft kleine persönliche Dinge in die Bilder eingebaut: ein Krug, ein Teller oder ein Möbelstück. Es gibt auch Porträts von Menschen, die ich kenne.
Ich hatte keinen Auftrag dieses Buch zu machen. Ich habe es einfach für mich gemacht, als glückliche Erinnerung an meine Zeit in Snowdonia. Obwohl ich seit vielen Jahren nicht mehr dort war, erinnerte ich mich fast fotografisch genau an das Cottage. Wenn ich mit meiner Arbeit fertig war, habe ich die Bilder zu einem Paket verschnürt und mich damit auf den Weg zur Post gemacht, über die Felder und durch das Tor, so wie man es auf dem letzten Bild sieht. Ich habe mich geärgert, dass das Tor in dem fertigen Buch dann abgeschnitten war. Ja, die Frau auf dem Bild, das bin ich.

Für die Neuausgabe von Schneewittchen hast du ein neues Umschlagbild und Bilder für den Vor- und Nachsatz illustriert. Warum hat das Buch einen neuen Umschlag gebraucht?

Ich bin stolz auf die Tatsache, dass ich ein sehr aufmerksamer Mensch bin, viel mehr als viele andere. Aber fast 40 Jahre lang habe ich nicht bemerkt, dass auf dem Umschlag von Schneewittchen ein schwerer Fehler ist … es sind nur 6 Zwerge! Dasselbe Bild enthält im Innenteil alle sieben Zwerge. Mein Verleger vermutet, dass man das Bild etwas verlängern musste, um Platz für den Titel zu bekommen. Dadurch ging der Zwerg am Fusse des Bildes verloren. Ich habe ihm vorgeschlagen, das Bild neu zu machen. Am Ende des Tages habe ich jeweils sehr genau gezählt, ob alle kleinen Figuren da sind: 1… 2… 3… 4… 5… 6… 7! Ich finde, ich habe sie diesmal viel besser getroffen und sie haben jetzt alle eine eigene Persönlichkeit.

Das alte und neue Cover im Vergleich: Wie viele Zwerge findet ihr?

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