Ein Wurm mit Durchblick
Mal wieder was verbummelt? Dann ab ins Fundbüro Wurm, dem besten Fundbüro, das die Welt je gesehen hat! Doch was geschieht, wenn der weltbeste Finder selbst etwas verliert? Jule Wellerdieks Debüt bei NordSüd ist humorvoll, schräg und absolut liebenswürdig. Nun hat sie mit uns über die Entstehung der Geschichte gesprochen.
Verlierst du oft Dinge?
Jule: Die kurze Antwort ist: ja, sehr oft! Vor allem mein Handy und meine Kopfhörer habe ich schon an den absurdesten Orten verloren – in meinem Bücherregal, den Sofaritzen von Freunden, in Büschen am Straßenrand, im Kino und in Umkleidekabinen. Aber ich komme auch aus einer Familie, in der Sachenverlieren eine große Tradition hat und in der eigentlich andauernd irgendetwas gesucht wird. Meine Lieblingsgeschichte ist die meiner Schwester, die es einmal geschafft hat, ihr Handy in der Tiefkühltruhe eines Supermarktes zu verlieren. Es wurde erst Tage später dort gefunden.
Wie kam die Idee für das Buch zustande?
Wahrscheinlich genau deshalb: Weil Sachenverlieren und Sachensuchen eine so große Rolle in meinem Leben spielen. Und weil ich mit den Jahren gelernt habe, dass es eigentlich nie etwas bringt, sich deshalb aufzuregen. Sondern vielmehr, einen kühlen Kopf zu bewahren und – um es mit den Worten der Robbe zu sagen – einfach abzuwarten. Die meisten Dinge tauchen irgendwann auf, wenn man eben nicht danach sucht. Dafür gibt es sogar ein Fachwort: Seredipität.
Wie bist du beim Wurm als Protagonisten gelandet?
Ich mochte von Anfang an den Wurm als diese sehr formenreiche, dynamische Figur. Perfekt für einen Charakter mit einem Hang zu Wutanfällen. Ich finde außerdem die Herausforderung spannend, Tier- oder Fantasiefiguren zu vermenschlichen und Leben einzuhauchen, die ansonsten so gar nichts Menschliches haben. Das macht einfach Spaß.
Wie ist daraus das doch eher ungewöhnliche Duo »Robbe und Wurm« entstanden?
Die Robbe ist ja der entspanntere, besonnene Charakter der beiden. Und Robben verkörpern irgendwie genau das: Einfach so eine innere Ruhe und Gemütlichkeit. Das mag ich an echten Robben und fand sie deshalb gut geeignet als Vorbild für die Figur in meinem Buch.
Beim Storyboard gab es unterschiedliche Versionen bezüglich der Textmenge. Für welche Variante habt ihr euch entschieden und warum?
In meinem ersten Entwurf damals hatte die Geschichte noch sehr viel Text. Das ist oft so, weil der Text vor den Bildern entsteht und sich noch viele Sätze streichen lassen, die in den Bildern später ohnehin erklärt werden. Es gab zwischenzeitlich auch die Überlegung, das Buch ganz ohne Worte zu erzählen. Am Ende lag die Lösung irgendwo in der Mitte, womit ich sehr zufrieden bin.
Welche Entwicklung machten Wurm und Robbe durch, von der ersten Idee bis zu den fertigen Figuren?
Mir geht es oft so, dass ich mir zuerst die Figuren und ihre Persönlichkeiten ausdenke und dann überlege, welche Geschichte ich um sie herumstricken möchte. Wurm und Robbe haben in meinem Kopf schon ein paar Abenteuer zusammen erlebt, bevor es letztendlich das aus Fundbüro Wurm geworden ist.
Welche ist deine Lieblingsillustration aus dem Buch und wieso?
Das wechselt immer mal wieder (was, glaube ich, ein gutes Zeichen ist). Ich mag aktuell die Seite sehr, auf der Wurm und Robbe gemeinsam Pfannkuchen backen. Die war so eine gute Gelegenheit, die Persönlichkeiten der beiden zum Vorschein kommen zu lassen und gleichzeitig den Stimmungswechsel zu zeigen, den der Wurm an der Stelle gerade durchmacht.
Was ist deine liebste Erinnerung aus dem gesamten Arbeitsprozess?
Das beste ist immer das Malen, weil ich das einfach am liebsten mache. Da gibt es viele Tage, an denen ich mit Wurm und Robbe mehr Zeit verbracht habe, als mit echten Menschen. Dadurch sind die beiden mir mit der Zeit schon sehr ans Herz gewachsen. Und wenn man dann zum ersten Mal durch die fertige Layout-PDF scrollt und einfach zufrieden ist – das ist ein schönes Gefühl.
Dein Tipp für alle, die etwas verloren haben?
Die Robbe hat da die besten Tipps: umschauen – andersherum schauen – abwarten!
Ich kann nur einen Tipp geben, der mir hilft, Dinge gar nicht erst zu verlieren. Und das ist, sich für jede einzelne Sache einen festen Platz auszusuchen, an dem man sie ablegt und sie ab sofort wirklich nur dort abzulegen. So weiß man immer, wo man sie findet. Das klingt total banal, ist aber sehr, sehr hilfreich, wenn man selbst in seinen eigenen vier Wänden ständig Dinge verliert.
Vielen Dank für das Gespräch!