Grüsse an Lupinchen

© Stephanie von Becker

Binette Schroeder hat uns verlassen. Am 5. Juli 2022 ist sie nach langer Krankheit an der Seite ihres Mannes Peter Nickl entschlafen. Verleger Herwig Bitsche verabschiedet sich.

Denk ich an Binette, dann denke ich zuerst an unseren Anfang, unsere erste Begegnung. Oft haben wir dieses Treffen auf der Frankfurter Buchmesse vor 11 Jahren vor Publikum zum Besten gegeben. Binette war mir von meinem Vorgänger schon angekündigt worden, als eine «schwierige» Künstlerin. Und dann stand sie vor mir, ganz in Rot, Peter Nickl neben ihr und brachte mit einem einzigen Satz alle Hoffnungen ins Wanken, die ich bis dahin aufgebaut hatte: «Sie sind also der neue Verleger, der den Karren aus dem Dreck ziehen soll?» Damit hat sie mein Herz erobert und den Grundstein für eine intensive und fruchtbare Zusammenarbeit gelegt, in der ich mit ihr mehr als einmal verlegerisches Neuland betreten habe. 

Binette war eine der wenige Künstlerinnen, die mit allen vier bisherigen Verlegern von NordSüd zusammengearbeitet hat. Ihre erste Begegnung mit dem Verlagsgründer Dimitrije Sidjanski – selbstredend auch auf der Frankfurter Buchmesse – hat sie in einem Interview, das wir anlässlich des 60-Jahr-Jubiläums des Verlags geführt haben, beschrieben. Sidjanski empfing sie mit den Worten: «Ich habe zehn Autoren und zehn Illustratoren, mehr brauche ich nicht – aber … zeigen Sie!». Das war nicht die erhoffte Geburtsstunde von «Archibald und das kleine Rot», aber von «Lupinchen». 

1986, inzwischen war Binette selber eine der renommiertesten Illustratorin des Verlags, sass sie auf der Kinderbuchmesse in Bologna an der Seite von Davy Sidjanski und begutachtete selber die Arbeiten junger Künstler. Auf die Fürsprache von Binette hin wurde noch auf der Messe die Diplomarbeit eines jungen holländischen Illustrators erworben. So kam Hans de Beer zum NordSüd Verlag und sein kleiner Eisbär Lars wurde der erste internationale Bestseller des Verlags. 

Im Frühjahr 2022 fehlte Binette zum ersten Mal auf einer Buchmesse. Bologna ohne Binette, das ist wie ein Gulasch ohne Saft. Die vermeintlich schwierige Künstlerin war inzwischen eine unermüdliche Botschafterin des Verlags, die temperamentvoll, scharfzüngig und mit grossem schauspielerischem Talent unsere Arbeit kommentiert und unterstützte. Damit wurde Binette eine der vier Königinnen in meinem Bilderbuchquartett. Jetzt sind es nur mehr Drei. Diese leben in England, in Österreich und in der Schweiz. Und ich vermute sehr, dass diese viel an Binette denken. 

Oft hat Binette uns erzählt von der strengen Schweizer Ausbildung, in der sie ein Jahr lang nur Grau zeichnen durfte. Ihr erstes Bilderbuch erzählte von einem Elefanten – immerhin schon mit zwei Farben illustriert. In ihrem letzten Werk «Herr Grau & Frieda Fröhlich» nimmt Binette noch einmal das Thema Grau auf. Doch die Zukunft die sie sich für Ernst Grau erdacht hat ist eine fröhlich bunte! Und so behalte ich sie in Erinnerung: als ein Fräulein Fröhlich, das meine und unsere Welt bunter und lebenswert gemacht hat.

Liebe Binette, ich vermisse dich sehr! Mich tröstet, dass ich dich in bester Gesellschaft weiss: bei Lupinchen, bei Archibald, bei Lelebum, bei Florian und dem Traktor Max, beim Krokodil und vielen anderen unsterblichen Figuren, die du geschaffen hast. 

Adieu!

2 Kommentare

  1. Bernadette Watts

    A wonderful and so inventive illustrator and story-teller, and a good friend for 50 years. NSV will be so much poorer without you.
    Love from Bernadette

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