Happy Birthday, Bernadette!

Die große Illustratorin Bernadette Watts feiert am 13. Mai ihren 80. Geburtstag. Wir gratulieren ihr ganz herzlich und feiern viele Jahre gemeinsames Bücherschaffens mit Neuausgaben ihrer Klassiker.


Zeitlose Klassiker


Wie alles begann

Ende der 60er-Jahre reiste Bernadette mit den Bildern von Rotkäppchen auf die Frankfurter Buchmesse. Sie hoffte, dort einen Verlag zu finden und im besten Fall einen kleinen Vorschuss zu bekommen für eine Rückfahrkarte. Seit dieser ersten Begegnung sind an die hundert Bilderbücher von Bernadette bei NordSüd erschienen. Viele davon sind Klassiker, die seit Generationen von Kindern geliebt werden: Varenka, Hänsel und Gretel, Der kleine Gärtner und Die Sterntaler, um nur ein paar wenige zu nennen. Eines ihrer Lieblingsbücher ist Hans Müllermann, ihre erste eigene Erzählung, die auch eine Hommage an Vincent van Gogh ist. Dieses Buch, das Jahrzehnte vergriffen war, hat sich Bernadette selbst zum Geburtstag geschenkt und neu illustriert. »Weil ich weiß, dass ich es heute noch besser kann«, wie sie in einem Interview eingestand. Alles Gute zum Geburtstag, liebe Bernadette!


Über Bernadette

Bernadette Watts wurde in Northampton, England, geboren. Sie studierte Illustration und Kunst am Maidstone College of Art in Kent, unter anderem bei Brian Wildsmith und David Hockney. Seit 1968 arbeitet sie als freie Illustratorin. Sie hat unzählige Grimm- und Andersen-Märchen für den NordSüd Verlag in ihrem einzigartigen Stil illustriert. Bernadette lebt und zeichnet in Kent.


Märchen

Wir sind uns nie begegnet, doch Bernadette Watts Kunst bewundere ich seit Langem.

Eric Carle (Die kleine Raupe Nimmersatt)

Wie hast du das gemacht, Bernadette?

Zu deinem 80. Geburtstag ist deine erste Erzählung Hans Müllermann wieder aufgelegt worden. Du hast die Geschichte von 1969 komplett neu illustriert. Was hat dich dazu bewogen? Ich wollte schon oft einige Illustrationen aus dem Buch verbessern. Manche Bilder waren mir zu düster und andere zu skizzenhaft. Aber ich fand nie Zeit dafür – mit dem Text war ich hingegen noch immer sehr zufrieden. Dann kam die Pandemie, und ich wurde als gefährdete Person klassifiziert. Ich hatte nichts zu tun und war zudem isoliert. Ich habe jeden Vormittag an neuen Bildern gearbeitet, nachmittags bin ich spazieren gegangen oder war im Garten. Ich glaube, ohne diese Arbeit wäre meine Seele zerbrochen. Nach drei Monaten gab es ein paar Lockerungen, und da war ich mit den neuen Bildern fertig.


Varenka ( 1971 ) ist eines deiner bekanntesten Bücher. Im Untertitel stand bisher: »Nach einer russischen Legende«. Sowohl die Bilder als auch die Geschichte stammen aber von dir. Wie kam es dazu? Varenka habe ich kurz nach Hans Müllermann geschrieben. Es ist schon so lange her, aber ich erinnere mich gut, wie gerne ich damals geschrieben habe. Ich habe auch viel gelesen, vor allem Reiseberichte, etwa über Russland und Sibirien. Die Lektüre über die Russische Revolution von 1917 inspirierte mich zu Varenka. Ich habe mich gefragt, wie eine russische Landschaft aussehen könnte. Varenka und Hans Müllermann sind die zwei Bücher, zu denen mir heute noch Leser und Leserinnen schreiben.

In vielen deiner Bücher sind kleine Hinweise und Zitate versteckt. In Schneeflocke sieht man etwa eine junge Frau, die Rotkäppchen illustriert. Bist du die junge Frau? Das ist wirklich sehr autobiografisch. Ich lebte eine Zeit lang in Snowdonia, in North Wales, in einem kleinen Cottage, wie man es im Buch sieht. Rapunzel und Hänsel und Gretel sind dort entstanden. Der Kamin in Hänsel und Gretel war mein Kamin. Ich habe oft kleine persönliche Dinge in die Bilder eingebaut: einen Krug, einen Teller oder ein Möbelstück. Es gibt auch Porträts von Menschen, die ich kenne. Ja, die Frau auf dem Bild, das bin ich.

Warum hast du für die Neuausgabe von Schneewittchen ein neues Cover illustriert? Ich bin ein sehr aufmerksamer Mensch, habe aber 40 Jahre lang nicht bemerkt, dass auf dem Umschlag von Schneewittchen ein schwerer Fehler ist: Es sind nur 6 Zwerge! Dasselbe Bild enthält im Innenteil alle sieben Zwerge. Mein Verleger vermutet, dass man das Bild etwas verlängern musste, um Platz für den Titel zu bekommen. Dadurch ging der Zwerg am Fuße des Bildes verloren. Ich habe ihm daher vorgeschlagen, das Bild neu zu machen. Am Ende des Tages habe ich genau gezählt, ob alle Figuren da sind: 1 … 2 … 3 … 4 … 5 … 6 … 7 ! Ich finde, ich habe sie diesmal viel besser getroffen, und sie haben jetzt alle eine eigene Persönlichkeit.


Zu Besuch im Atelier


Winterzeit mit Bernadette